19. Tag (16.05.2007)


Außerdem sah ich die eine Küste immer weiter in die Ferne rutschen und die andere Küste immer näher kommen. Man sah immer beide Küsten! Bei der Herfahrt war das aufgrund von Nebel und eher schlechtem Wetter nicht möglich gewesen. Tja, Glück muss man haben. In Frankreich, bzw Calais war dann auch das Wetter besser: Sonne! Nix Regen! Welch Wohltat! Da die Busverbindung zum Bahnhof in Calais schlecht war, musste ich 45 Minuten auf den Bus warten, da die Strecke zu laufen selbst für mich 3-Wochen-Langstreckenläufer zu weit war. Außerdem: kein Stadtplan weit und breit, weshalb ich die Zeit in der miefigen Wartehalle verbrachte. „Europa“ (die Briten sprechen nämlich von „Europe“, als wären sie nicht dabei) fiel gleich mal wieder unangenehm auf: Raucher, wohin man schaut – war in Großbritannien nicht der Fall, da man mittlerweile nur noch auf der Straße und zu Hause rauchen darf. Andererseits entfiel dafür das lästige Ticket-Zeigen beim Betreten und Verlassen des Bahnsteigs. [keine Ahnung, was das bringen soll, außer vielleicht, dass keine Penner auf den Bahnsteig rumlungern. Ansonsten… Terroristen könnten sich ja auch Tickets kaufen – so blöd werden die Briten ja wohl nicht sein, das wegen den „Terrorgefahr“ zu machen…..?!] In Calais am Bahnhof holte ich mir (mit meinem zerstückelten Französisch, das auch einiges Schmunzeln hervorrief, aber gewürdigt wurde) die TGV-Reservierung von Lille Flandre nach Paris Nord und den Fahrplan, wann ich wo umsteigen musste. Zugfahrt nach Lille in einem (wie üblich) neuen Doppeldeckerzug. In Lille stieg ich dann ja Wagen Nummer 5 ein (von 17… natürlich war 1ganz am Ende des Bahnsteigs, so dass ich ewig zu laufen hatte). Im Zug selbst wars ähnlich still wie in den schottischen Highlands… Ein wenig Zeitungsgeknitter gabs, aber keine Gespräche, keine Telefonate (keine Handysounds überhaupt!) – himmlische Ruh! [liegt vielleicht daran, dass die Tickets sehr teuer sind – außer mir nur irgendwelche Anzugmenschen im Zug.] Hatte ich in nem deutschen Zug noch nie! In Paris angekommen war ich erst mal geschockt von dem Menschenmassen, die hier unterwegs waren… (bei der Fahrt nach GB war ich ja um 7 Uhr früh an einem Sonntag angekommen!) Da es ja erst 18 Uhr war, beschloss ich, den Weg zum „Gare de l’Est“ zu laufen, da mir auf der Fahrt von Paris nach Lille am Anfang der Reise von nem jungen Franzosen gesagt wurde, dass die problemlos möglich sei. Ich lief also los. Zwar erstmal in die falsche Richtung - aber egal! So bekam ich den Wahnsinn zu sehen. Die Rue Magenta ist zu beiden Seiten mit Geschäften gesäumt.
Die Menschen drängten sich auf dem Bürgersteig (und dem Radweg – wohl dem, der eine Klingel hat, und sie zu gebrauchen weiß!). Zebrastreifen (natürlich immer in Verbindung mit Ampeln, da ihnen sonst keine Beachtung geschenkt wird) dienen außer als Verkaufsfläche für fliegende Händler als Warteplätze, bis die Fußgängerampel grün wird (und die Autos wirklich anhalten!).
Verkehrschaos aus LKWs, PKWs, Fahrräder, Motorrädern, Kickboards, … Ich ging also irgendwann in die andere Richtung und fand dort auch schnell den Ostbahnhof. In einem nahe gelegenen Supermarkt („ED“) kaufte ich mir ein „Fischer“-Bier für 1,39 €… (in der Flasche, 6 %, 0,65l) Damit diesmal im Zug ich derjenige sein konnte, der schnarchte, während alle anderen seelig schlummern. Hehe. Dann verwartete ich die restliche Zeit im Bahnhof: ich sah den Betrunkenen beim Torkeln zu, unterhielt mich mit einer Frau über Rugby (sie war Trainerin einer Mannschaft…), so gut es eben ging, aß meine in Dover gekauften Vorräte, lief herum, machte Fotos…
Um 22:15 Uhr saß ich dann auf meinem reservierten Bett. Im 4er-Abteil. Liegend zugfahren… Mal was neues. Ich zischte also erstmal mein Bier. Draußen Diskussionen zwischen 2 Österreicherinnen und 2 Französinnen, wer denn wo, was reserviert hätte… Das ging so weit, dass einer meiner Mitfahrer irgendwann die Tür öffnete und was von „pas de bruit!“ rausmaulte… Erfolgreich.